Konsequenzen

Als Konsequenz kommt die Denkschrift u.a. zu folgendem Schluss: "Die Kommissionsempfehlungen intendieren eine Veränderung der Aufgaben und Rechte von Einzelschulen, Trägern und Schulaufsicht und ihrer Stellung zueinander im System; sie verändern aber auch die Rollen der Beteiligten in diesen Institutionen. ...

Voraussetzung ist ein Wechsel der Grundorientierung: Erforderlich ist ein am Prinzip der Selbstorganisation und am Subsidiaritätsgedanken orientierter Umbau der gegenwärtigen Entscheidungs- und Verantwortungsstrukturen. Dies schließt eine Umkehrung der bisherigen primären "Zuständigkeitsvermutung" ein: Nicht bei den staatlichen Aufsichtsbehörden - und hier möglichst weit oben im System - wird die größte Kompetenz zur Lösung der Probleme angenommen, sondern zunächst bei den Beteiligten und Betroffenen vor Ort. Steuerungsentscheidungen sollen auf der möglichst niedrigsten Ebene getroffen und auch verantwortet werden. So ist es möglich, tatsächliche Handlungsmöglichkeiten und Verantwortlichkeiten zur Übereinstimmung zu bringen."

Schleswig-Holstein hat bereits heute eine Verfassung, welche die Rechte der nationalen Minderheiten auch für den schulischen Bereich sichert. Die Schulen nationaler Minderheiten sind in ihrem Verhältnis zu den staatlichen Organen des Landes autonom und arbeiten damit faktisch unter Bedingungen, die den oben zitierten Empfehlungen weitgehend entsprechen.

Ansonsten folgt die jetzt gültige Verfassung in ihrem Artikel 8 aber der unausgesprochenen Voraussetzung, dass Schule im Grundsatz eine staatliche Veranstaltung sei - nicht anders als Polizei, Justiz und Armee. Diese Auffassung steht im Widerspruch zu einem Bildungsverständnis, welches Bildung als anthropologisch begründete, öffentliche Aufgabe mündiger Bürger versteht. Der Widerspruch, der sich aus der unreflektierten Gleichsetzung von "öffentlich" und "staatlich" ergibt, lässt sich nur auflösen, indem der Gedanke der Autonomie und Selbstverantwortung konsequent Einzug hält in die Umstrukturierung des Schulwesens. An erster Stelle steht bei einer Schule der pädagogische Auftrag, und der ist immer individuell-konkret. Er kann daher auch nur "vor Ort" sachgemäß gestaltet und entwickelt werden. Für den Staat bedeutet dies, dass er dafür Sorge tragen muss, dass die Bildungseinrichtungen ihre Aufgabe in weitestgehender Selbstverwaltung erfüllen können - und in ihren Rechten gleich behandelt werden, anstatt, wie heute noch, je nach Trägerschaft verschieden. Als weiterer wesentlicher Gesichtspunkt muss gelten, dass sich die Schulaufsicht zu einem Koordinationsorgan der betroffenen Einrichtungen entwickeln muss, das der Verständigung und Einigung in übergreifenden Fragen dient und seine Aufsichtsfunktionen entsprechend an dem individuellen Schulprofil zu orientieren hat.