Volksinitiative "Schule in Freiheit" reicht Widerspruch beim Bundesverfassungsgericht gegen Nichtzulassung ein (17.10.98)

Flensburg - Die Vertreter der Volksinitiative "Schule in Freiheit" haben das Bundesverfassungsgericht angerufen. Der Kieler Landtag hatte die Volksinitiative am 4. September überraschend für unzulässig erklärt. Diese Entscheidung soll nun vom Bundesverfassungsgericht aufgehoben werden, damit die Bevölkerung über die Volksinitiative entscheiden kann. Die Initiative will mit einer Verfassungsänderung mehr Schulvielfalt und Selbständigkeit erreichen und Zentralismus und Bürokratie in der Bildung abbauen.

Nachdem die Initiative am 4. Mai 37.000 Unterschriften eingereicht hatte, mußte der Kieler Landtag innerhalb von 12 Wochen darüber befinden. Erst vier Tage vor Ablauf dieser Frist trug das Innenministerium dem Rechts- und Innenausschuß verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Volksinitiative vor. Die Vertreter der Initiative wurden davon noch einmal zwei Tage später in Kenntnis gesetzt. Nachdem die Ausschußmitglieder am 4. September zunächst die Zulässigkeit der Initiative festgestellt hatten, erklärten am Nachmittag die Fraktionen von CDU und SPD die Initiative im Landtagsplenum mit ihrer Mehrheit für unzulässig. Für die Zulassung votierten dagegen die Abgeordneten von FDP, Bündnis 90/Die Grünen und SSW. Diese turbulente Aktion führte, wie berichtet, zu einem handfesten Koalitionsstreit zwischen SPD und Bündnis 90/Die Grünen.

SPD und CDU halten die Initiative für unzulässig, da diese den Erziehungsberechtigten "die freie Wahl zwischen den verschiedenen bestehenden Schularten" zubilligt. Ingo Krampen, der Rechtsanwalt der Initiative, hält in seinem Widerspruch dagegen, bei dieser Formulierung handele es sich lediglich um eine Ausweitung der ohnehin vom Grundgesetz garantierten Wahlfreiheit der Eltern. Eine Ausweitung der Bürgerrechte auf Länderebene sei aber - im Gegensatz zu deren Einschränkung - keinesfalls verfassungswidrig.

Weiter, so SPD und CDU, führe die finanzielle Gleichberechtigung von staatlichen und nichtstaatlichen Schulen zu Mehrausgaben für das Land. Es gehe nicht an, daß die Steuerzahler über die Verwendung ihrer Steuergelder in einem Volksentscheid selbst bestimmten. Dagegen wendet Ingo Krampen ein, daß die Verfassung Schleswig-Holsteins zwar Volksentscheide ausschließe, die unmittelbar den Haushalt zum Gegenstand hätten, nicht jedoch über Gesetze, die sich auf den Haushalt auswirkten.

Henning Kullak-Ublick, selbst Lehrer und Sprecher der Volksinitiative, bedauert, daß sich SPD und CDU bisher nicht auf die Volksinitiative und auf das Gespräch mit der Bevölkerung einlassen wollen: "Es gibt keine Gesetze, die nicht auch finanzwirksam sind. Wer so argumentiert, wie es die beiden großen Fraktionen bei unserer Nichtzulassung getan haben, will die Bürgermitbestimmung ins Leere laufen lassen. Anscheinend wollen die großen Parteien aus Angst vor Machtverlust mit allen Mitteln verhindern, daß es mehr Schulvielfalt, Selbstverwaltung und fairen Wettbewerb zwischen den Schulen gibt. Wir werden im Interesse unserer Kinder nicht nachlassen, uns weiter für diese Ziele einzusetzen."

Mit dem Wechsel in der Führung des Bildungsministeriums, so Kullak-Ublick weiter, biete sich eine neue Chance, die Vorschläge der Initiative unvoreingenommen zu prüfen. "Wir stehen für Gespräche gerne zur Verfügung."